Wer, was, wann, wo – Teil 1

Der kreative Prozess lässt sich eigentlich nicht „zerteilen“. Alles hängt mit allem zusammen.

Ich wollte aber doch ein paar Anstöße geben, Fragen stellen, die vielleicht helfen.

Anfangen möchte ich mit der Frage: „Wo?“

Das ist der Eingang zu meinem Atelier. Es liegt vier Häuser entfernt von meiner Arbeitsstelle. Hier male ich meine Blumenbilder.

Seit etwas über einem Jahr teile ich den Raum mit einer Kollegin. Das ist schön, weil ich sehen kann, woran sie arbeitet. Teilen ist also auch eine Möglichkeit.

Und nicht jede*r braucht gleich ein Atelier.

Es geht auch am Küchentisch. Ich habe ja schon öfter meine morgendlichen Doodles gezeigt.

Oder mit einem Skizzenbuch draußen. Oder im Museum. Demnächst findet wieder ein Treffen der Urban Sketchers statt. Gibt es eine Gruppe in deiner Stadt?

Vielleicht ein Malkurs an der Volkshochschule? Ich habe jahrelang solche Kurse besucht, da rückte ich mit einer Klappbox mit meinen Materialien an. Nicht ideal, aber dafür hat man den Austausch mit anderen.

Fotografierst du? Dann kannst du einfach mit der Kamera losziehen.

Arbeitest du digital? Auf dem Laptop? Wenn du Leute um dich herum haben willst, kannst du dir ein Café oder eine stille Ecke in der Bibliothek suchen.

Wie du siehst, hängt es davon ab, was man machen will.

Wo bist du kreativ? Ich freue mich über deine Antwort in den Kommentaren!

 

Kleine Materialkunde: Papier

Hast du schon einmal gesehen, wie Papier gemacht wird?
Man kann altes Papier in Fetzen reißen, in viel Wasser einweichen und dann mit dem Pürierstab in kleinste Fasern zerteilen. Anschließend mit einem flachen Sieb in den Papierbrei eintauchen, anheben und das Wasser abtropfen lassen. Danach den Bogen auf eine Unterlage – beispielsweise Spültücher oder alte Geschirrtücher – geben, zwischen Zeitungspapier legen und mit einer Holzplatte beschweren, bis das Wasser zum größten Teil herausgepresst ist. Den Bogen am besten Luft trocknen lassen.


Das ist natürlich eine sehr verkürzte Beschreibung. Ich bin sicher, auf YouTube gibt es Videos, die den Prozess veranschaulichen.
Worauf ich hinauswill, ist, dass Papier aus Fasern besteht. Auch das Papier, das maschinell hergestellt wird.
Es gibt geleimtes Papier und ungeleimtes. Probier doch einmal aus, einen Tropfen Wasserfarbe auf ein Stück Küchenrolle zu tropfen; vergleiche dann, was passiert, wenn du das Gleiche mit einem Bogen Druckerpapier machst.
Das Küchenpapier – oder mein selbst geschöpftes Papier von dem Foto oben – saugt die Farbe auf. Es ist nicht geleimt.
Druckerpapier dagegen ist stark geleimt: Der Tropfen bleibt eine ganze Weile darauf stehen, bis das Papier die Farbe aufsaugt.
Wenn du mit nasser Farbe malen willst – Aquarell-, Wasser- oder Acrylfarbe – dann benutzt du am besten ein Aquarellpapier. Es ist wenig geleimt.
Für Filzstifte eignet sich ein stark geleimtes Papier, zum Beispiel Druckerpapier oder spezielles Markerpapier. Die Filzstifte halten so länger.
Für Bleistifte, Buntstifte und Kreiden eignet sich am besten Zeichenpapier. Es hat ein bisschen eine „flauschige“ Oberfläche, „Zahn“ genannt. Mit nasser Farbe kann es nicht so gut umgehen: Die Oberfläche löst sich auf und die farbigen Flächen sind oft unansehnlich.

Noch ein kleiner Tipp: Die Fasern von Aquarellpapier saugen sich voll, wenn sie nass werden. Dadurch dehnt sich das Papier aus. Wenn du es vor dem Malen aufspannst – das heißt auf einen festen Untergrund klebst – dann zieht es sich beim Trocknen wieder glatt. Ich habe einen Artikel geschrieben, wie man Aquarellpapier nass aufspannt: https://irenepacha.de/13-juni-2016/

Und hier noch einen Blick ins Atelier: ich sammle Papier aller Arten!

Ich freue mich übrigens über Kommentare, Anregungen und Fragen!

„Mein Tisch ist zu klein!“

„Mein Tisch ist zu klein!“, rief eine Kursteilnehmerin letztes Wochenende. Ich wusste genau, wovon sie sprach.  Auf meinem Tisch – egal wo – herrscht grundsätzlich ausuferndes Chaos.

Der Kurs:  „30 Bilder in 3 Tagen“ an der Freien Kunstakademie Gerlingen.
Das Buch zum Kurs habe ich hier schon einmal vorgestellt.

@petrapowilleit
@petrapowilleit

Der Ansatz ist der, dass man auf dem Papier Chaos erzeugt, dieses dann ordnet und so zu neuen Bildideen kommt. Chaos erzeugen – kein Problem. Die Bildfindung fällt mir schwer. Weshalb ich direkt zur Quelle, sprich: Georg Kleber, wollte.
Und es hat sich gelohnt!

Wie ist das nun: braucht Kreativität Chaos?

Georg Kleber meint, dass wir von Kind an dazu erzogen werden, Ordnung zu halten. Deshalb fällt es uns schwer, Un-ordnung auszuhalten, nicht genau zu wissen, wo der Weg hingeht, keine vorgefertigte Lösung zu haben.

„Fürchte nicht das Chaos, denn im Chaos wird das Neue geboren“, sagt C.G.Jung. Georg Kleber vergleicht das mit Goldschürfen: viel aussortieren, um dieses kleine Goldkorn zu finden. Oder „a happy mistake“, wie Bob Ross das nennt.

Klingt doch besser als: „Ordnung ist das halbe Leben“, oder?

Handmade im digitalen Zeitalter

Als ich klein war, gab es bei uns im Fernsehen drei Programme: das Erste, das Zweite und Schweizer Fernsehen. Abends schauten wir das Sandmännchen oder die Gschichtekischte. Ich liebte die Augsburger Puppenkiste – Robbi, Tobbi und das Fliwatüüt – und tschechische Märchenfilme.
Telefonieren war nicht billig. Man hielt sich kurz.
Ansonsten gab es Zeitungen und Büchereien.
Keine Computer, kein Internet, keine Handys.
Keine Hunderte von Fernsehsendern, die von Streamingdiensten, YouTube und TikTok abgelöst werden.
Keine Flatrates, WhatsApps und Zoom-Plattformen.
Damals hätten wir uns das Heute nicht vorstellen können.
Heute ist das Damals unvorstellbar.
War das Leben langsamer?
Heute ist Achtsamkeit der große Renner. Handarbeiten boomt. Leute stricken Hüllen für Straßenlaternen!
Damals hatten meine Eltern drei Gärten zu versorgen: den eigenen, den meiner Großmutter und die Streuobstwiese. Wir Kinder pflückten Erdbeeren und sammelten Mirabellen auf. Ich gruselte mich immer vor den Ohrenkneifern. Haut, Hände, Ohren.
Während der Weinlese kam der Bammert zum Vesper vorbei. Es gab Brot und Aufschnitt und Schwarztee aus der Thermoskanne. (So begann meine Liebe zum Teetrinken.)

Wenn ich in mein Atelier gehe – das ich inzwischen mit einer lieben Kollegin teile – dann entscheide ich mich bewusst dafür, mit den Händen zu arbeiten. Ich mache Flecken, spritze mit Farbe herum, kritzle und schabe. Ich arbeite oft an mehreren Bildern gleichzeitig. Zwei oder drei liegen dann immer auf dem Boden, und manchmal trete ich in die nasse Farbe und mache Abdrücke mit den Schuhsohlen. Es ist oft kalt im Atelier und feucht. Ich höre Musik und den Regen und das Summen der Holzbienen im Sommer. Ich trinke Tee, und ich rede mit meiner Freundin.

Meine Blumenbilder sind anders als meine digitalen Muster. Ich male übrigens echte Blumen! Keine Fotos, die ich gegoogelt habe. Ich habe im Atelier keinen Internet-Empfang. Die Mauern sind zu dick!
Zu meiner Blumenhändlerin – selbst Künstlerin – habe ich inzwischen einen guten Draht. Oft schenkt sie mir noch Blumen dazu, die sie nicht mehr verkaufen kann.

Was ich sagen will: wir alle genießen doch schöne oder angenehme Sinneseindrücke. Es muss nicht das Malen sein. Tanzen. Laufen. Gärtnern. Handarbeiten. Kochen. Miteinander reden. Händchen halten…  Handmade und digital im Gleichgewicht. Dann geht es uns gut, denke ich.
Aber manchmal müssen wir uns daran erinnern.

Malen und Denken

Neulich wurde ich gefragt: „muss man beim Malen denken?“

Meine spontane Antwort war: „ja!“

(Man beachte das Ausrufezeichen.)

Die Frage wäre richtiger: „gibt es den großen Wurf?“

Ich halte das nicht für unmöglich.

Es kommt darauf an…

Mal angenommen, jemand singt gerne unter der Dusche. Ist es ausgeschlossen, dass das gut klingen kann?

Nein.

Singt er eine Arie von Verdi und klingt dabei wie Pavarotti? Eher nicht.

Was ich damit sagen will: über’s Malen und Zeichnen kann man viel lernen. Und ja, dafür braucht es auch den Kopf.

 

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